Bad Urach ist ein geothermischer Hotspot. Durch die Lage in einem ehemaligen Vulkangebiet - auf 200 Quadratkilometern gab es vor 17 Millionen Jahren mehr als 300 Vulkane - ist der Untergrund sehr heiß. Dies zeigt unter anderem die langjährige balneologische Nutzung: Die heißeste Quelle, die in den 70er Jahren des vergangen Jahrhunderts erschlossen wurde, fördert aus 770 Metern Tiefe heißes Wasser mit einer Temperatur von 61 Grad Celsius.
Bohrungen für Hot-Dry-Rock-Projekt Ende der 70er Jahre
Diese Wärmeanomalie war der Ansatz für Bund, Land und Stadt am Ende der 70er Jahre ein Hot-Dry-Rock-Projekt anzuschieben. Dafür wurden die Bohrungen Urach 3 und 4 bis in Tiefen von 2.800 und 4.400 Metern abgeteuft. Die Maximaltemperatur, die gemessen werden konnte, lag bei 170 Grad Celsius.
Trotz mehrerer Anläufe konnte aufgrund von technischen und wirtschaftlichen Problemen sowie bundes- und landespolitischer Dissonanzen die Wärme aus den Bohrungen bisher nicht genutzt werden. Bis dahin wurden rund 20 Millionen Euro im Untergrund versenkt. Die Bohrungen wurden aber nicht verfüllt.
Sidetrack soll den Muschelkalk erschließen
Jetzt steht die Gemeinde vor der Entscheidung, die Bohrlöcher zu sichern oder die Wärme zu nutzen. Nach einem Gutachten eines Ingenieurbüros hat sie sich für die zweite Variante entschieden, wie die Südwest Presse berichtet. Für ca. zwei Millionen Euro sollen die zwei Bohrungen bis in 900 bzw. 1.300 Meter Tiefe verfüllt werden.
Ein Sidetrack in 630 bis 710 Meter Tiefe soll dann dann den Muschelkalk erschließen. Hier erwarten die Planer eine Temperatur von ca. 57 Grad Celsius und eine Förderrate von 20 Litern pro Sekunde. Eine weitere Bohrung (Urach V),die in 800 bis 1.000 Meter Tiefe reichen soll, würde dann das entwärmte Thermalwasser wieder zurück in den Muschelkalk bringen.
Auch geothermische Wärmenutzung denkbar
Neben einer Nutzung in den Thermen wäre auch noch eine geothermische Nutzung der Wärme möglich. Nach Angaben des Ingenieurbüros könnten 5 bis 6,7 GWh Heizenergie pro Jahr gewonnen werden. Damit ließen sich 500 bis 1.000 Wohneinheiten mit regnerativer Wärme versorgen. Die CO2-Einsparung würde bei rund 1.100 Tonnen im Vergleich mit einer Gasheizung liegen.
Als weitere Arbeitsschritte stünden im Sommer 2020 die Bohrarbeiten an den bestehenden Bohrlöchern an. Die folgenden Tests sollen Auskunft über die Wirtschaftlichkeit geben. Die Wärme könnte nach Informationen der Südwest-Presse schon in 2021 genutzt werden, sofern alle Arbeiten reibungslos verlaufen.