Wie geht es weiter mit der tiefengeothermischen Energieversorgung? Dies hängt stark von den politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen ab. Wann und wie Deutschland eine Bepreisung des Treibhausgases CO2 einführt, wird sich am Freitag dieser Woche im Klimakabinett zeigen, dessen Beschlüsse Thema auf dem Praxisforum sein werden. Steigen durch eine CO2-Bepreisung die Kosten für fossil erzeugte Wärme, macht dies die regenerative Wärmeversorgung aus Tiefengeothermie deutlich attraktiver. Für die geothermische Stromerzeugung ist dagegen die Entwicklung der EEG-Vergütung relevant. Beides sind Themen am Vormittag des Hauptkongresstags am 8. Oktober.
Spannend wird es auch am Nachmittag. Bayerns Staatsminister Hubert Aiwanger wird persönlich zugegen sein. Als Schirmherr des Praxisforums wird er in seinem Vortrag die Bedeutung der Geothermie für eine klimafreundliche Energieversorgung herausstellen und danach die besten Geothermieanlagen Bayerns mit dem Geothermischen Energiepreis Bayern prämieren. Die Geothermie hat mittlerweile auch in der Bayerischen Politik einen Stellenwert erlangt. Sie ist in den Kommunen, die sich mit geothermaler Energie versorgen, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor und hilft ihnen dabei, ihre Klimaziele zu erreichen.
Viele Jungwissenschaftler forschen derzeit zur Weiterentwicklung der Tiefengeothermie. Die Anerkennung ihrer Leistungen drückt sich im Christian-Hecht-Preis aus, der im Anschluss an den Geothermischen Energiepreis Bayern für die beste nachwuchswissenschaftliche Arbeit zur tiefen Geothermie verliehen wird.
Neues Geothermieprojekt im Kreis Altötting
Nach dem Münchner Raum entwickelt sich im geothermischen Reservoir des östlichen Molassebeckens ein zweiter Hotspot für die Nutzung der tiefen Geothermie in Bayern. Forum IV am Nachmittag des Kongresstages beschäftigt sich mit den dortigen aktuellen Projekten. So wird unter anderem Anna-Carina Franke von Rödl & Partner, gemeinsam mit Marcus Hansen von der Verwaltungsgemeinschaft Kirchweidach, ein neues Geothermieprojekt im Kreis Altötting präsentieren, das in kommunaler Trägerschaft entwickelt wird.
In der Gemeinde Kirchweidach gibt es bereits eine geothermische Dublette, die Haushalte, Gewerbe und Gewächshäuser vor Ort mit Wärme versorgt. Zukünftig ist auch eine Stromerzeugung geplant. Nordöstlich von Kirchweidach haben Untersuchungen schon 2017 ein weiteres vielversprechendes Aufsuchungsfeld erkennen lassen. Eine weitere Studie bestätigte das Potenzial. Das Zielgebiet lag etwas außerhalb der ursprünglichen Aufsuchungserlaubnis, doch eine Erweiterung konnte beantragt werden und nach einer europaweiten Ausschreibung wurden nun die polnische Firma „Geofyzika Torun“ mit der Exploration beauftragt.
Voruntersuchungen weisen auf ein geothermisches Potenzial mit Temperaturen zwischen 116 und 131 Grad Celsius mit der entsprechend hohen Förderrate hin. Bestätigen sich diese Werte, wäre dies eine außerordentlich reichhaltige Ressource im Kreis Altötting. Die Projektentwickler planen ein Geothermiekraftwerk, das beim gegenwärtigen Strommix in Deutschland jährlich 20.382 Tonnen CO2 einsparen würde, was in etwa dem Ausstoß von 2.000 Bundesbürger*innen entspricht. Da vor Ort bereits eine Geothermieanlage in Betrieb ist, ist die Bevölkerung der Thematik gegenüber sehr aufgeschlossen. Die Bohrungen sind bereits für 2020 geplant.
Weitere Vorträge im Forum IV beschäftigen sich mit dem Geothermieprojekt in Traunreut, neuesten Bohrungen und der Kraftwerksplanung in Garching an der Alz, der Projektentwicklung in Trostberg und Palling sowie den Erfahrungen einer auf Geothermieprojekte spezialisierten Entwicklungsgesellschaft.
Wissenschaftsforum Wärmewende
Schon seit mehreren Jahren ist die Geothermie-Allianz Bayern (GAB) mit einem eigenen Forum auf dem Praxisforum Geothermie.Bayern vertreten. 2019 stehen die Wärmewende und die Rolle der Geothermie im Fokus des GAB-Wissenschaftsforums. So präsentiert Dr. Maren Brehme von der TU Delft das Potenzial geothermischer Wärmeversorgung in den Niederlanden. Dr. Markus Loewer von der TU München stellt diesem das tiefengeothermische Potenzial der Metropolregion München gegenüber. Wie auch Niedertemperaturwärme aus Tiefengeothermie für die Wärmeversorgung genutzt werden kann, wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes mit dem Umweltbundesamt untersucht, das Dr. Horst Kreuter vom Projektpartner GeoThermal Engineering in seinem Vortrag vorstellt.
Die Geothermie-Allianz Bayern (GAB) ist ein Forschungsverbund der Technischen Universität München (TUM), des GeoZentrums Nordbayern der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Universität Bayreuth. Sie adressiert Fragen aus Forschung und Praxis im Bereich der Tiefengeothermie und ist bewährte Kooperationspartnerin des Praxisforums GeothermieBayern.
Eavor-Loop: Geothermie überall erschließen
Innovationen und Neuentwicklungen widmet sich Forum VI am Nachmittag des Kongresstags, darunter die innovative Explorations- und Erschließungsstrategie im Geothermieprojekt Schäftlarnstraße der Stadtwerke München oder die in der Geothermieanlage Holzkirchen eingesetzte innovative Wärmepumpe der Firma Turboden. Wolfgang Brand von Orcan Energy wird die neue Generation von ORC-Modulen präsentieren, die eine besonders flexible und kostengünstige Stromerzeugung ermöglichen.
Ein Highlight ist sicherlich auch der Vortrag von Robert Winsloe vom britisch-kanadischen Unternehmen Eavor Technologies. Mit dem Eavor-Loop hat die Firma ein völlig neuartiges geschlossenes Kreislaufsystem zur Erschließung geothermischer Wärmequellen entwickelt. Dieses kann Wärme aus dem natürlichen geothermalen Gradienten der Erde entnehmen, ohne einen durchlässigen Aquifer zu benötigen. Jeder einzelne Eavor-Loop soll dabei eine thermische Leistung von 40 Megawatt (MWth) und eine elektrische Leistung von vier Megawatt (MWel) erzielen.
In Kanada hat Eavor bereits eine Demonstrationsanlage errichtet. In Deutschland will man sich zunächst auf die geothermisch besonders interessanten Gebiete im Norddeutschen Becken, dem Oberrheingraben und der Bayerischen Molasse konzentrieren. Die Firma proklamiert, dass ihre Technologie skalierbar, wiederholbar und damit überall einsetzbar sei.
Geothermie erleben bei der GeoTHOUR
Nach intensiven Workshops am 7. Oktober und dem breiten Angebot am Kongresstag (8. Oktober), können die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 7. Praxisforums Geothermie.Bayern am 9. Oktober Geothermie hautnah erleben. Die diesjährige GeoTHOUR führt zum Geothermiekraftwerk Holzkirchen und im Anschluss zum geothermalen Heizwerk in Poing. Sponsor ist der italienische Turbinenhersteller Turboden.
Für das gesamte Praxisforum konnten als Gold-Sponsoren die Stadtwerke München sowie die internationale Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Rödl & Partner gewonnen werden. Silber-Sponsor sind wieder die Versicherungsexperten der NW Assekuranz. Alle drei Sponsoren sind seit Jahren in ihrem jeweiligen Bereich in Sachen Geothermie aktiv und unterstützen das Praxisforum aus Überzeugung. Denn die Erschließung der klimafreundlichen Ressource Geothermie ist ein komplexes Unterfangen und benötigt Expertise aus den unterschiedlichsten Bereichen. Wie man ein Geothermieprojekt gemeinsam anpackt, zeigt das Praxisforum Geothermie.Bayern nun schon zum siebten Mal. Das Branchentreffen dient nicht zuletzt auch der Vernetzung. Die Branche trifft sich alljährlich in München – seien auch Sie mit dabei.
Weitere Informationen und die Anmeldemöglichkeit finden Sie unter www.praxisforum-geothermie.bayern.