Ein Meilenstein in der Erforschung der Tiefengeothermie in Deutschland war mit Sicherheit die 2003 veröffentlichte sogenannte TAB-Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung des deutschen Bundestages (TAB) zu den "Möglichkeiten geothermischer Stromerzeugung in Deutschland" von Herbert Paschen, Dagmar Oertel und Reinhard Grünwald.
Diese war jedoch mit hohen Unsicherheiten hinsichtlich der thermodynamischen Leistungsfähigkeit der Anlagen behaftet und die zugrunde gelegten geologischen Daten sind mittlerweile teilweise überholt. Die Studie traf keine Aussagen über das wirtschaftliche Potenzial.
2017 erstellte eine Forschergruppe der Geothermie-Allianz Bayern unter Leitung von Sebastian Eyerer daher eine neue Studie. Das Ziel war, anhand von aktuellen Betriebserfahrungen aus Bestandsanlagen zunächst das technische und daraus schließend auch das wirtschaftliche Potenzial der hydrothermalen Geothermie zur Gewinnung von Strom (und in der Folge auch Wärme) in Deutschland darzustellen. 2020 wurde die Studie nach einem wissenschaftlichen Review nochmals verfeinert und veröffentlicht.
Vom technischen zum wirtschaftlichen Potenzial
Ausgehend vom technischen Potenzial der geothermalen Reservoire in Deutschland („Heat in Place“) berechneten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die technisch zu erschließende Strommenge. Entscheidender Faktor ist hier die thermodynamische Leistungsfähigkeit. Anhand der Stromgestehungskosten und der Bohrkosten entwickelte das Team eine Funktion, um das wirtschaftliche Potenzial zu berechnen.
Christopher Schifflechner stellte in seinem Vortrag die Datengrundlage für die Berechnungen vor, erläuterte die verwendeten Parameter und erklärte, wie die Forschergruppe die Berechnungen durchführte zu den vorliegenden Ergebnissen kam.
12,2 PWhel technisches Potenzial
Für die hydrothermale Geothermie in Deutschland ergab die Studie ein technisches Potenzial von 12,2 Petawattstunden elektrisch (PWhel). Die TAB-Studie war von 15 PWhel ausgegangen. Davon seien 74 Prozent auch wirtschaftlich erschließbar, wobei ein Wegfall der EEG-Vergütung das wirtschaftliche Potenzial signifikant verringern würde.
Damit die Ausnutzung der geothermalen Reservoire wahrhaft regenerativen Charakter hat, wurde ein Nutzungszeitraum von 1.000 Jahren festgelegt. Somit stünden jährlich 9,1 Terrawattstunden Strom (TWhel) und 12,5 Terawattstunden Wärme (TWhth) aus Geothermie zur Verfügung. Um dieses Potenzial zu heben, sind rund 460 Geothermieanlagen der durchschnittlichen aktuellen Anlagengröße (5 MWel/40 MWth) notwendig.
Für die künftige Entwicklung der Branche liefert die Studie eine umfassende Datengrundlage und zeigt, wohin der Trend geht. Vor allem der zunehmende Fokus auf die Wärmeerzeugung führt möglicherweise zu veränderten Projektcharakteristika.
Webinar auf YouTube – am 24. April geht es weiter
Für diejenigen, die das Webinar verpasst haben, gibt es eine Aufzeichnung auf unserem YouTube-Kanal.
Am Freitag, den 24. April wird Andrea Duvia vom italienischen Kraftwerkshersteller und -betreiber Turboden in seinem Vortrag „Aktuelle Informationen über Turboden Geothermiekraftwerke in Europa“ auf die Auswirkungen der Corona-Krise für das Unternehmen aus Norditalien eingehen und wie es die Wartung und den Betrieb der Anlagen weltweit sichergestellt hat. Weiterhin stellt Duvia die Entwicklung der ORC-Technologie für Geothermiekraftwerke in den letzten zehn Jahren anhand von ausgewählten Referenzanlagen in Europa dar. Als Senior Geothermal Consultant gibt er darüber hinaus einen Ausblick auf die Entwicklung flexibler und an die spezifischen Rahmenbedingungen angepasster Lösungen zur Bereitstellung von Strom und Wärme.
Auf www.tiefegeothermie.de/webinar können Sie sich anmelden. Aufgrund der Datenschutzproblematik beim Anbieter Zoom sind wir auf die Software GoToWebinar umgestiegen.
Enerchange