Das Positionspapier „Wirtschaftswende Deutschland – Konzept für Wachstum und Generationengerechtigkeit“ von Finanzminister Christian Lindner zu lesen, fühlt sich an wie der drohende Abbruch eines solchen Langstreckenlaufs. Lindner fordert hier, die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) und die Bundesförderung Effiziente Wärmenetze (BEW) zu reduzieren oder zeitlich zu strecken. Auch die Zielwerte für den Anteil erneuerbarer Energien und unvermeidbarer Abwärme in Wärmenetzen sollen reduziert bzw. der bisherige Zielzeitpunkt verschoben werden. Statt vermeintlich mehr Zeit schafft das vor allem eins: Unsicherheit. Kein Großprojekt kann effizient geplant werden, wenn im Jahrestakt Änderungen in der (finanziellen) Rahmenstruktur berücksichtigt werden müssen. Die zuletzt fühlbare Aufbruchsstimmung in der Geothermiebranche, die Hand in Hand mit der Verkündung und dem Beginn neuer Projekte ging, war maßgeblich auf die BEW-Förderung zurückzuführen. Dieses Energie-Gel zu Beginn des besonders herausfordernden Abschnitts innerhalb des Geothermie-Laufs ist äußerst geschickt platziert. Es ermöglicht zum heutigen Zeitpunkt wertvolle Investitionen in unsere regionale Daseinsvorsorge. Arbeitskräfte, Bohrmeter und Rohre werden in zehn Jahren erneut teurer sein – ja, bereits heute wünschen sich Projektierer, sie hätten ihre Projekte bereits umgesetzt, und Bürger:innen, sie wären an ein Fernwärmenetz angeschlossen.
Verzögerung schafft aber nicht nur Unsicherheit, sondern nimmt auch Glaubwürdigkeit. Welcher Läufer bricht auf, wenn die Stimmung in der Menge bereits mehrfach gegen ihn gekippt ist? Welche Kommune informiert sich ergebnis- und technologieoffen, wenn die Stimmen um sie herum es nicht sind? Es fällt schwer zu lesen, dass die Energiewende – von der die Geothermie ein entscheidender Teil ist – zu ökonomischer Unsicherheit und verschlechterten Standortbedingungen führt. Schließlich schafft die Geothermie genau das Gegenteil: bereits heute langfristig planbare, konstante Wärmepreise und hervorragende Bedingungen für die umliegende Industrie, wie große Gewächshäuser in Südostbayern oder börsennotierte Unternehmen im Münchner Großraum zeigen.
Ebenso wagt sich niemand auf die Strecke, an deren Seitenlinien keine Versorgung angeboten wird, wenn die Mittel auf einer alternativen Route im Überfluss vorhanden sind. Die Aussage, die Förderung der Erneuerbaren Energien habe eine „unerträgliche finanzielle Dimension“ angenommen, erscheint fast satirisch, wenn sie sich doch lediglich um einen Ausgleich jener Subventionen bemüht, die andere Energieträger und Erzeugungsformen, wie fossile KWK-Anlagen, ebenso im Netz halten.
Zum Glück sind die Läufer auf unserer Strecke gut im Training. Die Geothermie, die etwa im Raum München bereits beinahe zum Selbstläufer geworden ist, wird auch weitere Durststrecken überwinden. Wir können und möchten nicht nur Vorbild, sondern Vorreiter sein für den Ausbau regionaler, unabhängiger und zukunftssicherer Wärmeversorgung. In deutschen Kommunen und Städten und darüber hinaus. Dabei freuen wir uns über jeden Funktionär, der bereits am Start und nicht erst an der Ziellinie jubelnd an unserer Seite steht.