Das Potenzial der Geothermie in der Region Oberschwaben

15.10.2024 | Veranstaltungen | Enerchange

Wie die Schwäbische Zeitung berichtet, stellte sich die Frage, wie die Region Oberschwaben von der Nutzung der Geothermie im Rahmen der Wärmewende profitieren und sich gleichzeitig als Vorbildregion etablieren kann. Diese zentrale Thematik diskutierte Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg, während seines Besuchs an der Hochschule Biberach (HBC). Das Institut für Gebäude- und Energiesysteme legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Forschung im Bereich Geothermie. Bei diesem Vor-Ort-Termin lag der Fokus insbesondere auf der tiefen und mitteltiefen Geothermie, die Energie aus Tiefen von etwa 400 bis 1.000 Metern gewinnt.

Wärmewende vorantreiben 

In der Region existiert eine Vielzahl von Thermalbädern mit Geothermie-Bohrungen, doch für die Wärmenetze in Siedlungsstrukturen wie Klein- und Mittelstädten wird diese vielversprechende Lösung bislang kaum in Anspruch genommen. Professor Roland Koenigsdorff und sein Team haben sich das Ziel gesetzt, dies zu ändern und eine klimafreundliche Wärmewende voranzutreiben. Zu diesem Zweck arbeiten sie eng mit anderen Forschenden, darunter das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und das Landesforschungszentrum Geothermie (LFZG), zusammen. Mögliche Lösungsansätze wurden Staatssekretär Baumann sowie weiteren Interessierten aus Kommunen, Stadtwerken und der Energieagentur Oberschwaben präsentiert und erörtert.

Günstige Erschließungsmöglichkeiten in Oberschwaben

Staatssekretär Baumann betont die zahlreichen Vorteile der Geothermie: Erneuerbar, lokal, emissionsfrei und witterungsunabhängig. Zudem erzielt sie einen hohen Energieertrag bei vergleichsweise geringem Flächenverbrauch. Die Forschenden sehen großes Potenzial in der (mittel)tiefen Geothermie. In Oberschwaben können bereits in geringen Tiefen durchlässige Schichten erreicht werden, was die Bohr- und Betriebskosten deutlich reduziert. Diese relativ günstig erschließbaren grundwasserführenden Gesteinsschichten, Aquifere, weisen Temperaturen ab 40 Grad auf, die für moderne Wärmenetze mit Großwärmepumpen ausreichend sind. 

Starkes Interesse von Kommunen 

Die Thermalbäder in der Region sind seit Jahrzehnten zuverlässig durch Geothermie-Bohrungen versorgt und tragen zur regionalen Wertschöpfung bei, was ihr großes Potenzial unterstreicht, so der Experte. Insbesondere für die Energieversorgung von Innenstädten und Ortskernen stellt dies einen vielversprechenden Ansatz dar, da das Ausbaupotenzial der bislang hauptsächlich eingesetzten Biomasse als erneuerbarer Energieträger stark begrenzt ist. Daher ist das Interesse von Stadtwerken, Kommunen und der Kommunalpolitik an der Erschließung der tiefen und mitteltiefen Geothermie enorm. Bei dem Besichtigungstermin nahmen zahlreiche Entscheidungsträger:innen aktiv teil, darunter der Biberacher Baubürgermeister Christian Kuhlmann und sein designierter Nachfolger Simon Menth.

Gemeinsame Initiative in Oberschwaben 

Kürzlich haben Wissenschaftler:innen der Hochschule Biberach (HBC), des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Landesforschungszentrums Geothermie (LFZG) einen gemeinsamen Projektantrag mit dem Titel „Innovative geothermische Wärmenetze – IGWN“ eingereicht. Die mitteltiefe Geothermie rückt für viele Kommunen zunehmend in den Fokus. Um dieses Ziel zu verwirklichen, bedarf es regional angepasster Projektkonstellationen sowie einer Bündelung der Kräfte. Deswegen arbeiten mehrere Kommunen, angeführt von Ravensburg, Weingarten und Biberach, an der Gründung einer gemeinsamen „Geothermie-Initiative Oberschwaben“ (GIO). Die Forscher:innen der beteiligten Einrichtungen stellten dem Staatssekretär und den Gästen ihr gemeinsames Vorhaben vor. Koenigsdorff gab zunächst einen Einblick in die Arbeit des HBC-Instituts, während Baubürgermeister Christian Kuhlmann über das Thema „Wärmeplanung und Wärmepläne regionaler Kommunen“ referierte.

Hochschule als Reallabor 

Matthias Bahr, Rektor der Hochschule Biberach, erläuterte, wie Geothermie auch an der HBC Anwendung finden könnte: Im Rahmen der Campus-Entwicklung und der damit verbundenen energetischen Sanierung wird geprüft, „ob Geothermie für die zukünftige Energieversorgung der Hochschule genutzt werden kann. Unsere Hochschule wird zum Reallabor – ein spannender und herausfordernder Prozess“, so der Hochschulleiter. Im Verlauf des Nachmittags nutzten die Wissenschaftler:innen die Gelegenheit, ihre Arbeit anhand von Versuchsaufbauten und Anlagen zu veranschaulichen. Die Gruppe um Staatssekretär Baumann besichtigte unter anderem das Geothermie-Testfeld mit Messtechnik der HBC und des Landesforschungszentrums Geothermie sowie das Jordanbad mit seiner Geothermie-Bohrung und der angeschlossenen Wärmepumpe.

Quelle:

Schwäbische